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Radioaktivität

Atomzerfälle

 α-Zerfall

Beim α-Zerfall handelt es sich um eine Strahlung, die beim radioaktiven Zerfall von Atomkernen auftreten kann. Alpha-Strahlung ist eine Teilchenstrahlung. Ein Atomkern sendet Helium-4-Atomkerne aus (Abb. 1). 

Abb. 1: Alpha-Strahlung (Schema) [RnS]

Der Mutterkern zerfällt unter Ausstrahlung eines He2+-Kerns (2 Protonen und 2 Neutronen) zum Tochterkern und ändert seine Atomart (Abb. 2).

Abb. 2: Alpha-Strahlung (Schreibweise) (Polonium, Plumbum (Blei))

Die Austrittsgeschwindigkeit des Heliumkerns liegt bei ca. 20.000 km/s, was einer kinetischen Energie von einigen MeV (sprich: MegaelektronenVolt, auch MVAs) entspricht. Der anfängliche Elektronenüberschuss des Tochterkerns baut sich durch Ladungsausgleich ab. Durch den Alphazerfall wird eine Energiemenge frei, die als Massendefekt E=m·c2 verloren geht. Sie zeigt sich in der kinetischen Energie des α-Teilchens und des Tochterkerns. Ein Teil der Energie kann als angeregter Zustand im Tochterkern verbleiben und als γ-Strahlung freigesetzt werden. 

Abb. 3: Energiepotential beim Tunneln eines α-Teilchens [nach HerMarSto1997 S.575]

Durch die starke Wechselwirkung wird das α-Teilchen vom Kern angezogen, aber aufgrund gleichnamiger Ladungen elektrisch abgestoßen (Abb. 3). Die stärkere Kernkraft hat eine kurze Reichweite und die elektrische Abstoßung weist eine lange Reichweite auf. Es bildet sich das Kernpotential (V(r)). Der Wall ist höher als die kinetische Energie des α-Teilchens. Nach der klassischen Physik wäre das α-Teilchen stabil im Kern gebunden. Doch durch den quantenmechanischen Tunneleffekt kann es vorkommen, dass das α-Teilchen doch den Kern verlässt. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber sehr klein. Sie bestimmt die Halbwertszeit und die kinetische Energie des Zerfalls. 

Eindringtiefe: Durch die elektrische Ladung und die große Masse (4u, mit u = atomare Masseneinheit) haben α-Teilchen eine sehr geringe Eindringtiefe. Bei einer Energie von 10 MeV beträgt die Reichweite in Luft ca. 10 cm. Die Reichweite ist abhängig vom Luftdruck und kann in hoher Atmosphäre hundert Kilometer betragen.

Abschirmung: Durch ein kräftiges Blatt Papier. Eine Wasserschicht von 40 μm reichen aus.

Wirkung: α-Strahlung, die von außen auf z.B. die Haut einwirkt, ist relativ ungefährlich, da sie von der oberen Hautschicht absorbiert wird. Problematisch wird es hingegen bei eingelagerten (sprich inkorporierten) α-Teilchen, was z.B. durch Einatmen geschehen kann. Hier wirkt die Dosis auf kleinem Raum, also konzentriert. Ihr Strahlenwert ist auf 20 festgelegt (Beta- und Gamma-Strahlung auf 1).

Karlheinz Meier: Alpha-Zerfall (YouTube)

β-Zerfall

Beim β-Zerfall handelt es sich um eine Strahlung, die beim radioaktiven Zerfall von Atomkernen auftreten kann. Beta-Strahlung ist eine Teilchenstrahlung. Ein Atomkern sendet Elektronen β- oder Positronen β+ aus (Abb. 4). 

  

Abb. 4: Beta-Strahlung (Schema) links  β- rechts  β+ [hpwt] (Radium, Actinium, Protactinium, Thorium)

Der Mutterkern zerfällt unter Ausstrahlung eines β-Teilchens (Elektron oder Positron) zum Tochterkern und ändert seine Atomsorte (Abb. 5). 

Abb. 5: Beta-Strahlung für Elektronen (Schreibweise) (Aurum (Gold), Hydrargyrum (Quecksilber))

Abb. 6: Beta-Strahlung für Positronen (Schreibweise) (Kalium, Argon)

Die Austrittsgeschwindigkeit des β-Teilchens liegt in einem Bereich von 0 bis zum einem Maximalwert kontinuierlich verteilt. Typischerweise liegt die Maximalenergie von β-Strahlern bei 1 MeV. Während des Zerfallvorgangs wandelt sich der Kern in einen isobaren Atomkern eines benachbarten Atoms um. Hierbei entstehen zwei Leptonen, die den Kern verlassen. Beim Beta-Minus-Zerfall handelt es sich um die Leptonen, Elektron und Antineutrino (Abb. 5). Beim Beta-Plus-Zerfall handelt es sich um ein Positron und ein Neutrino (Abb. 6). Die beiden Leptonen erhalten aufgrund von Energie- und Impulserhaltung die meiste Energie. 

Eindringtiefe: Die Eindringtiefe ist materialabhängig, aber gering. in Luft ca. 8 bis 720 cm (bei normalem Erdluftdruck)

Abschirmung: Schon eine Glasscheibe von 4mm Dicke reicht für die meiste Betastrahlung aus. 

Wirkung: Bei von außen kommender β-Strahlung werden nur die Hautschichten geschädigt. Es kann aber zu intensiven Verbrennungen kommen. Beim Aufnehmen eines Beta-Strahlers können um den Strahler große Schädigungen entstehen, zum Beispiel bei Einlagerung von radioaktivem Iod-131 (131I) in der Schilddrüse. 

Elektroneneinfang (β-Zerfall)

Ebenso zu den Beta-Zerfällen wird das Einfangen eines Elektrons vom Atomkern genannt. Hierbei entsteht keine Beta-Strahlung. Dennoch wandelt sich die Atomsorte um, da ein Proton durch Einfangen eines Elektrons zu einem Neutron wird (Abb. 7). Es handelt sich meist um ein K-Elektron, da die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons der K-Schale nicht 0 ist. Durch Auffüllung der K-Schale wird charakteristische Röntgenstrahlung frei. 

Abb. 7: Elektroneneinfang (Schreibweise)

Das Neutrino ist ein Teilchen, welches zunächst von Pauli 1931 hypothetisch eingeführt wurde, um den Drehimpuls- und Energieerhaltungssatz nicht zu verletzten.
Eigenschaften: keine Ladung, keine Ruhemasse, Spin s=½

Isotopenkarte

Abb. 8: Nuklidekarte (stabile Nuklide eingezeichnet) [HerMarSto1997, S. 569]

Zerfallsreihe

Abb. 9: Natürliche Zerfallsreihen [HerMarSto1997, S. 580]

γ-Strahlung

Bei der Gamma-Strahlung kann man nicht mehr von einem Zerfall des Kernes sprechen. Aus dem Kern wird ein Gamma-Quant, also eine elektromagnetische Welle, emittiert. Die Energie E=h·η ist hierbei sehr hoch. Von einem γ-Quant wird meist ab einer Energie über 200 keV gesprochen, was einer Wellenlänge kürzer als 5 pm entspricht. Die γ-Strahlung entsteht meist beim α & β Zerfall.

Abb. 10: Gamma-Emission (Schema) [hpwt] (Plutonium)

Das Energiespektrum von Gamma-Strahlung ist diskret und charakteristisch für das jeweilige Nuklid, so wie in etwa das optische Linienspektrum chemischer Elemente. => Die Aufnahme des Spektrums ist geeignet um Art und Menge der enthaltenen Nuklide zu bestimmen. Die diskreten Energien des Spektrums erklären sich durch die Lebensdauer der Übergänge. Der angeregte Kern baut ein oszillierendes elektromagnetisches Quadrupol-Feld auf. Das γ-Quant kann aber nur Dipolschwingungen aufnehmen. => Die Emission ist relativ unwahrscheinlich, was zu einer großen Lebensdauer τ führt. Da aber die Lebensdauer umgekehrt proportional seiner Energieunschärfe oder Linienbreite Γ ist (Γ=ђ/τ), ergeben sich bei einer Lebensdauer von ca. 10-15 s disktrete Energiewerte.

Eindringtiefe: Die Eindringtiefe kann sehr weit sein, da die Intensität der Gamma-Strahlung exponentiell mit der Eindringtiefe abnimmt. Die Anzahl der γ-Quanten halbiert sich pro Halbwertsdicke. Die Halbwertsdicke hängt vom verwendeten Material ab.

Abschirmung: 

Material Luft Blei Wasser Alu Eisen Graphit Beton Bleiglas Acryl
Eγ in MeV in Meter                                                              in Millimeter
0,1 35 0,107 41 15,2 2,4 20,3      
0,2 44 0,62 51 21,1 6 25      
0,3 50 1,56 58 24,8 8 28,8      
0,4 56 2,65 65 27,8 9,4 32,4      
0,5 62 3,85 72 30,5 10,5 35,4 33 13 70
0,6 67 4,92 77 33 11,5 38,3      
0,8 76 6,9 88 37,7 13,2 44      
1 84 8,7 108 42 14,7 48 50 24 90
1,5 101 11,7 121 51 18,1 59      
2 121 13,4 141 60 20,8 69      
3 145 14,6 175 73 24,4 87      
4 174 14,7 204 83 26,7 101      
5 196 14,4 230 91 28,1 115 100 45 200
6 213 14,1 251 97 28,9 125      
8 242 13,4 286 106 29,7 144      
10 265 12,6 315 112 29,7 158      

          Tab. 1: Halbwertsdicke [DSFfS]

Wirkung: Bei einer Absorption im Gewebe wird die Energie des γ-Quant in beispielsweise Ionisationsvorgängen wirksam. Es treten Sekundärstrahlungen, wie z.B.: freigesetzte Elektronen und Röntgenquanten, auf. Chemische Verbindungen werden aufgebrochen. Es können somatische Schäden (am Organismus) oder genetische Schäden (am Erbgut) auftreten.

Typische Bezeichnungen:

In Wasser entspricht die Energiedosis von 1 Gy einer Temperaturerhöhung um 0,0024 K. Aber die Energieabgabe erfolgt auf einem sehr kleinen Raum, was zur Zerstörung von Molekülen führen kann.

Beta & Gamma Strahlung = 1, Alpha-Strahlung = 20

Analogien

Abb. 11: Analogie zwischen Elektronen im Metall und Nukleonen im Kern und Elektronenhülle und Atomkern [HerMarSto1997, S. 570/571]

Übersicht über Zerfallsreaktionen

Abb. 12: Zerfallsreaktionen [HerMarSto1997, S. 570/571]

PanFilmer: Strahlungsarten, Aktivität, Halbwertszeit - Harald Lesch (YouTube

Literatur

[DSFfS] Deutsch-Schweizerischer Fachverband für Strahlenschutz (FS) e. V.: Daten und Fakten zum Umgang mit Radionukliden und zur Dekontamination in Radionuklidlaboratorien, Loseblattsammlung, Teil 1.4 Abschirmung, Oktober 1997

[HerMarSto1997] Herin, E. Martin, R. & Stohrer, M. (1997) Physik für Ingenieure. 6.Aufl. Springer

[hpwt] http://www.hpwt.de/Kern2.htm

[RnS] http://www.radioaktive-strahlung.org/radioaktivitaet/zerfall.htm